551 und 556. Das sind ihre Produktnummern, denn sie wurden von einer Maschine erschaffen und in einem Institut großgezogen, wo sie darauf warten, verkauft zu werden. Sie sehen aus wie Menschen, besitzen jedoch keinerlei Rechte, dürfen keine Gefühle haben und schon gar keinen Umgang miteinander pflegen. Doch Autumn und Leaf geben sich Namen, lieben sich in aller Heimlichkeit und planen, zu fliehen. Als Leaf ausgerechnet an einen grausamen Mann verkauft werden soll, muss alles schnell gehen und die Flucht steht kurz bevor. Doch da erfährt Leaf, dass sich Autumn allein davongestohlen hat, ohne sie mitzunehmen. Ihr bleibt nur, sich ihrem Schicksal zu ergeben, denn ohne ihn ist sie eben nur 556. Ein Produkt, dazu verdammt, für die perversen Fantasien ihres neuen Besitzers herzuhalten. Sie ahnt nicht, dass die wahre Grausamkeit ihr noch bevorsteht, denn Autumn hat das Institut nicht freiwillig verlassen …
"Autumn and Leaf" ist ein dystopischer Einzelband, der Kritik an einer Gesellschaft übt, in der Lebewesen von Maschinen erschaffen werden, allerdings denken und
fühlen wie Menschen. Rechte besitzen sie allerdings keine.
"Autumn and Leaf" ist aber so viel mehr als nur eine Dsytopie - er ist Liebesgeschichte, Freiheitskampf und Spannung bis zur letzten Seite. Autorin J.K. Bloom entwirft ein schauriges Szenario, das ich so noch nicht gelesen habe, befüllt es mit glaubhaften, sympathischen Charakteren, die man sofort ins Herz schließt und konstruiert einen Plot, bei dem ein Ereignis das andere jagt und man als Leser kaum Zeit hat, um Luft zu holen.
Der Schreibstil ist wie gewohnt flüssig und gut zu lesen, sodass man regelrecht durch die Seiten fliegt. Ich habe es sehr genossen, dass das Buch aus zwei Sichten geschildert wurde und man dadurch quasi zwei Geschichten auf einmal mitverfolgen darf. Zu Leaf viel es mir leichter eine Bindung aufzubauen als zu Autumn, was vermutlich daran liegt, dass ich mit den weiblichen Charakteren allgemein schneller sympathisiere als mit männlichen.
Leaf ist eine starke Kämpferin, die in ihrem Leben schon viele schwierige Entscheidungen treffen musste. Trotz der schlimmen Dinge, die hinter ihr liegen, hat sie nie ihre Zerbrechlichkeit verloren ... und damit nie ihre Gefühle für Autumn.
Autumn scheint auf den ersten Blick unnahbar und kühl, doch er hat eine weiche Seite, die vor allem immer dann sichtbar wird, wenn er an Leaf denkt oder an die Vergangenheit, die die beiden miteinander hatten.
Man wird "in medias res" ins Buch geworfen, was mir einerseits gut gefallen hat, da die Geschichte so gleich zu Anfang schon an Tempo gewinnt. Gleichzeitig hätte ich Autumn & Leafs Kennenlerngeschichte unheimlich gern in voller Länge gelesen - denn die einzelnen Szenen und Bilder, die man als Leser präsentiert bekommt, waren stimmungsvoll und haben Lust auf mehr gemacht.
Ein besonderes Lob geht an die wunderschöne Zeichnung, die auf die letzte Seite der Geschichte gedruckt wurde. Die dortige Inszenierung der beiden Protagonistin kommt meiner Vorstellung von Autumn und Leaf sehr nah.
Ich empfehle "Autumn & Leaf" jedem Dystopieliebhaber, der sich in einem spannenden Szenario wiederfinden möchte, das sich mit elementaren, ethischen Lebensfragen beschäftigt und einige davon zu beantworten weiß. Doch vor allem hat mir gefallen, dass nicht die dystopische Welt im Mittelpunkt des Buches steht, sondern die zärtliche Liebe zweier Wesen, die versuchen, sich in eben dieser Welt zurechtzufinden und Selbstbestimmung zu erlangen.